Unser um 1900 erbautes Haus liegt mitten auf der »Roten Insel«, seit 2015 ausgewiesen als Milieuschutzgebiet „Schöneberger Insel“. Mit knapp 30 Wohnungen und mehreren Gewerbeeinheiten ist es vor einigen Jahren in das Altbau-Portfolio der Berggruen-Holding gelangt.
Im Jahr 2016 erhielten wir Mieter eine Nachricht vom Stadtentwicklungsamt zur beantragten Erteilung einer Umwandlungsgenehmigung zur Begründung von Wohnungs-/Teileigentum durch die Berggruen-Holding – eine Mitteilung über die Umwandlungsabsicht ist im Milieuschutzgebiet Pflicht. Da dies mit dem Ausnahmetatbestand § 172 BauGB (hier Veräußerung von Wohnungen für die Dauer von 7 Jahren nur an die Mieter) begründet wurde, wurde dem Antrag natürlich sofort stattgegeben und unser Haus ist bereits aufgeteilt. Der Milieuschutz ist durch diese Regelung eine zahnlose Verordnung, die lediglich für einen Aufschub der Verwertung sorgt – der Antrag ist eine Formalie, die von Investoren, so das Haus nicht schon aufgeteilt verkauft wurde, meist sofort nach Erwerb gestellt wird.
Zeitgleich begannen regelmäßige Mieterhöhungen, seit ca. zwei Jahren zudem begleitet von Erhöhungen der Betriebskosten mit drastischen Nachzahlungen durch die eingesetzte Hausverwaltung Optima GmbH. Für die kostenträchtigsten Posten und Aufgaben wurden bisher beauftragte, günstigere Firmen mit solchen der Hausverwaltung nahestehenden abgelöst.
Seit einer spontan einberufenen Mieterversammlung anlässlich der Nachricht der Umwandlungsabsicht tauscht sich eine Handvoll von Nachbarn aus und unterstützt sich in der laufenden Auseinandersetzung mit der Hausverwaltung, zum Beispiel wegen der erhöhten Betriebskosten.
In unserem Haus gibt es Mieter, die mehr als dreißig Jahre im Haus leben, Alleinerziehende mit erwachsenen Kindern, deren Kinder dank der gegenwärtigen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht ausziehen können oder wohnen bleiben, um die Miete mitzutragen, Freiberufler und Menschen mit durchschnittlichen Einkommen, z. B. Krankenschwestern oder in der Pflege beschäftigte, für die die Möglichkeit, die Mietwohnung als Eigentumswohnung zu erwerben (dies wäre dank Milieuschutz – Veräußerung von Wohnungen für die Dauer von sieben Jahren nur an die Mieter – möglich) keine Option darstellt.
Da die durch den Milieuschutz gegebene Schonfrist für uns als Mieter*innen abläuft, müssen wir mit der Ungewissheit leben, nicht zu wissen, was danach passiert und mit der realen Möglichkeit, nach Verkauf unserer Mietwohnungen perspektivisch durch Eigenbedarfskündigungen die Wohnung zu verlieren.